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NFL zwischen Draft und Saisonvorschau: Who’s hot and who’s not?

Der NFL-Zoom-Draft ist vorbei, die Analysen sind geschrieben. Ausführlicher und besser als ich es könnte. Ich widme mich deshalb einem anderen Thema: Einer way too early Saisonprognose.

Dabei darf man den Draft für eine solche Saisonprognose nicht überbewerten. NFL Roster bestehen aus 50 bis 90 Spielern, 22 davon starten, 30-40 davon spielen signifikant viele Snaps. Die Buchmacher schätzten die Super-Bowl-Siegchancen für Green Bay vor dem Draft auf 2-3%. Glaubt jemand, dass andere Picks die Chancen um mehr als 0,5% erhöht hätten?

Ob Las Vegas’ Cornerbackpick in der ersten Draftrunde nun ein kleiner Reach oder Dallas’ Cornerbackpick in der zweiten ein kleiner Steal war: Der Einfluss dieser Details auf den Saisonverlauf ist minimal, während drei neue Firstroundpicks oder ein #1-Quarterback naturgemäß eine größere Wirkung entfalten könnten.

Inspiriert vom Sidelinereporter teile ich die Teams für meine Prognose in 4 Tiers à 8 Teams ein, die ich nochmals in obere und untere Hälfte einteile:

  • Tier 1: Super Bowl or bust. Wir gehen in die Saison, um zu gewinnen. Alles andere wäre eine Enttäuschung.
  • Tier 2: Playoffs sollten es schon sein. An einen Super-Bowl-Run glauben wir nicht wirklich, aber hey, die 49ers haben es vorgemacht.
  • Tier 3: Nicht Fisch nicht Fleisch. Wir hoffen auf die Playoffs. Könnte klappen, wenn…
  • Tier 4: Joe Burrow und Tua Tagovailoa? Lame. Trevor Lawrence und Justin Fields sind the real Deal. Für die beiden sind wir hier.

Innerhalb der Tiers sind die Teams alphabetisch geordnet.

Tier 1: Die auf einen Ring hoffenden Teams

Tier 1 – obere Hälfte

Baltimore Ravens: Die Ravens hatten das meiste Draftkapital der Topteams und haben es gut eingesetzt. Finden die Gegner ein Mittel gegen Lamar Jackson? Ich glaube nicht, zumindest nicht in dem Ausmaß, um die Ravens aus der Spitze der AFC zu kicken.

Kansas City Chiefs: Coach Reid endlich mit der Krönung seiner Laufbahn. Mit dem passfangenden Running Back CEH noch mehr Spielzeug für die Offense. Unstoppable?

New Orleans Saints: Enough said. All-in. Ein Team ohne Schwächen mit Winston, Sanders und Cesar Ruiz verstärkt!? Top-Favorit in einer jedoch sehr starken NFC.

San Francisco 49ers: Die 49ers denken, dass sie nur wegen Kleinigkeiten den Titel verpasst haben. Shanahans und Lynch haben sich deshalb dafür entschieden, ihr Team von 2019 zu klonen. Staley, Buckner und Sanders wurden 1 zu 1 durch Williams, Kinlaw und Aiyuk ersetzt. Man darf gespannt sein ob das gut geht. Aber ist Stillstand in dem Fall ein Fortschritt? Ich bin skeptisch und hätte mir z. B. eine Investition im Bereich der Defensive Backs gewünscht. Rein von Personalentwicklung und normaler Regression (erinnert ihr euch an den nicht gegeben PI-Call gegen Seattle, der Platz 5 statt Platz 1 in der Setzliste bedeutet hätte!) müsste ich sie runterstufen. Aber noch drängt sich niemand aus der unteren Hälfte so stark auf, um sie aus den Top-4 zu verdrängen.

Tier 1 – untere Hälfte

Dallas Cowboys: Die Cowboys waren 2019 das beste Team, das es nicht in die Playoffs geschafft hatte. Nun kommt ein neuer, guter Trainer, der unter anderem mehr Wert auf eine passfreundliche Offense legt. Und in diese Umstände hinein fällt ihnen ausgerechnet Top-Receiver CeeDee Lamb in den Schoß? Auch wenn die Defense einige Abgänge verkraften muss, diese Cowboys sind ein sicherer Playoffkandidat mit Phantasie für mehr.

Minnesota Vikings: Für ein im Prinzip fertiges Win-Now-Team hatten die Vikings enorm viele Draftpicks, die sie auch ordentlich genutzt haben, so die einhellige Einschätzung. Die Vikings bleiben stark und sind mein Favorit in der NFC North.

Philadelphia Eagles: Wer es ohne Wide Receiver und mit viel Verletzungspech in die Playoffs schafft, der sollte das in einer normalen Saison und mit dem 4er-Speedy-Pack an neuen Wide Receivern wiederholen können. O- und D-Line bleiben stark, Coaching-Staff ebenso. Mit den Eagles ist immer noch zu rechnen. Ihr Super-Bowl-Fenster ist noch nicht zu.

Tampa Bay Buccaneers: Evans, Godwin, Gronk, O.J. Howard, Brady. Und das alles gecoacht von Offense-Gott Bruce Arians. Die Laufdefense war 2019 bereits phänomenal. Die Passdefense wurd jetzt ebenfalls verstärkt. Das Ziel ist klar: Super Bowl LV vor heimischem Publikum. Größtes Risiko: Die fehlende Saisonvorbereitung dürfte den Wechsel zu Arians für Brady nicht eben vereinfachen.

Tier 2: Die für die Playoffs planenden Teams

Tier 2 – obere Hälfte

Buffalo Bills: Die Bills greifen an in der GOAT-losen AFC East. Durch die Bank starker Kader. Einzig hinter Josh Allen gibt es weiterhin ein paar Fragezeichen. Aber sie Bills wären nicht das erste Team, das mit durchschnittlichem Quarterback weit kommt.

Houston Texans: So umstritten er als GM arbeitet, so gut scheint Bill O’Brien als Trainer zu sein. Das Team ist weiterhin stark, Deshaun Watson ein Elite-Quarterback. Wenn er nicht noch aus Houston flüchtet, dann gehören die Texans weiterhin zu den besseren Teams in der AFC.

New England Patriots: Die vielleicht größte Unbekannte. Die Offense war 2019 bereits die Definition des NFL-Durchschnitts (New England 1,99 Punkte pro Drive – NFL-Durchschnitt 1,99 Punkte pro Drive. Zum Vergleich: Baltimore 3,08 Punkte pro Drive), die Defense #1. Die Defense wird auch 2020 stark sein, aber wahrscheinlich nicht mehr so dominant. Und die Offense? Mit Stidham als Quarterback spricht wenig für eine Steigerung, zumal auch keine neuen Receiver gedraftet wurden. Bill Belichick und die Substanz des Teams reichen noch für Tier 2.

Pittsburgh Steelers: Trotz Ausfall von Ben Roethlisberger haben sie 2019 fast die Playoffs erreicht. Minkah Fitzpatrick war ein Volltreffer für die Defense. Nun ist Big Ben zurück, Claypool und Ebron verstärken das Receiver-Corps. Damit sind die Playoffs fast Pflicht.

Tier 2 – untere Hälfte

Arizona Cardinals: 2019 mit Rookie-Trainer und Rookie-Quarterback bereits 5,5 Siege in der stärksten Division, folgen in der Offseason der “Hopkins-Raub” und der Draft von Über-Linebacker-Safety Isaiah Simmons. Kittle kann sich warm anziehen. Bin ich zu optimistisch? Maybe. Aber die Fortschritte im Laufe der Saison waren bereits beeindruckend. Aber wäre irgendjemand wirklich überrascht, wenn die Cardinals es in die Playoffs schaffen?

Cleveland Browns: Erneut ein Offseason-Darling. Werden sie diesmal auch in der Saison liefern. 2 neue Tackles für Baker Mayfield, Anspielstationen satt, das wahrscheinlich beste Running-Back-Duo der Liga. Garrett und Vernon im Passrush, Ward, Williams, Joseph und Rookie Delpit in der Secondary: Auf dem Papier haben diese Browns einen Playoffkader.

Denver Broncos: John Elway draftet für seinen jungen Quarterback Drew Lock Waffen, die er selbst sich gewünscht hätte. Wow! Denver wird Spaß machen. Wo wird Vegas die Line ansetzen, wenn Denver auf Kansas City trifft? Over 75 Punkte? Showtime! Und weil auf der anderen Seite des Balles Defense-Guru Vic Fangio Beton anrühren lässt, ist mit den Broncos zu rechnen. Die Defense der Broncos lief 2019 etwas unter dem Radar, aber gemessen in erlaubten Punkten pro Gegnerdrive lagen die Broncos auf Platz 7 in einer Liga mit San Francisco, Chicago oder Minnesota.

Green Bay Packers: Green Bay hat sich für einen Machtkampf mit dem Quarterback entschieden, und zudem will Headcoach LaFleur anscheinend das Scheme seines Lehrmeisters Shanahan kopieren. Viel Glück dabei. Sie werden es brauchen.

Tier 3: Die auf die Playoffs hoffenden Teams

Tier 3 – obere Hälfte

Atlanta Falcons: Die erste Saisonhälfte war ein Debakel, die zweite gut. Im Draft haben sie einige Löcher gestopft. Die Offense um Matt Ryan und Julio Jones ist weiterhin stark. Die Playoffs werden trotzdem schwer, der starken Division sei Dank.

Indianapolis Colts: Die Verpflichtungen von Rivers und Buckner sind ein klares Zeichen auf Angriff. Dazu ein smarter Trainer und ein junges Team. Warum es dennoch nur für Tier 3 reicht? Die Leistungsdichte in der AFC South ist enorm eng.

Seattle Seahawks: Das Seahawks-Frontoffice macht Russell Wilson weiterhin das Leben schwer. Sie waren 2019 schlechter als es in der Tabelle aussah. 2020 wird sie die Regression packen, und die jungen wilden Cardinals werden an ihnen vorbeiziehen.

Tennessee Titans: Niemand rechnet damit, dass Tannehill seine 2019er-Saison wiederholen kann. Und Henry alleine wird auch nicht reichen. Die AFC South ist so ausgeglichen, dass die Titans wieder positiv überraschen könnten, allein, ich rechne nicht damit.

Tier 3 – untere Hälfte

Cincinnati Bengals: Burrow alleine macht noch keinen Tier-Aufstieg. Aber die Bengals waren meiner Einschätzung bereits vor Burrow besser als ihr 2019er Rekord implizierte. Und zusätzlich zu den Rookies Burrow und Higgins kommen All-Pro A.J. Green und Jonah Williams zurück, die beide fast die komplette Saison 2019 verpassten.

Detroit Lions: Es steht und fällt mit Matthew Stafford. Wenn er fit ist, gehören sie weiter nach oben. Aber wenn nicht, dann war es das wahrscheinlich für Coach Matt Patricia.

Las Vegas Raiders: Die Raiders sind noch nicht so weit, wie sie beim Umzug nach Las Vegas gerne gewesen wären. Es muss vieles klappen, damit sie in die Playoffs einziehen können.

Los Angeles Rams: So viele Abgänge, Dead Cap, Jared Goff und kein Draftkapital, dazu die beste Division der Liga. McVay wie gut bist du wirklich? 2020 kannst du es zeigen.

Tier 4: Die auf ein Wunder oder den Draft 2021 hoffenden Teams

Tier 4 – obere Hälfte

Chicago Bears: Die Bears haben in den letzten beiden Jahren eine Bilanz von 20-12 und sind trotzdem im letzten Tier? Tja, Trubisky it is. Nick Foles verkompliziert die Situation eher als dass er Abhilfe schafft. Außer Robinson fehlen Passempfänger. Den zehnten Tight End zu draften, hilft auch eher wenig.

Los Angeles Chargers: Ein Team, bei dem ich den Draft wahrscheinlich negativ überschätze. Vor zwei Wochen hatte ich die Vision, dass die Chargers Cam Newton oder Jameis Winston als Quarterback verpflichten und den 6. Pick in Defense-Gott Simmons und die O-Line investieren – und zack, fertig ist der Contender. Sie haben sich in den ersten Runden stattdessen für das umstrittene Quarterback-Prospect Justin Herbert entschieden, und dazu noch für einen Oldschool-Linebacker hochgetradet und einen Running Back ergänzt. Trotz der guten Defense, Ekeler und Allen droht der Absturz ins unterste Tier.

Miami Dolphins: Die Dolphins waren clever genug, ihre vielen Picks sinnvoll einzusetzen. Sie verschwendeten sie weder für einen Uptrade noch für einen First-Round-Running-Back. Gut so. Zudem scheint es im Team/Coaching zu stimmen, wie sonst wären die guten Leistungen in der zweiten Saisonhälfte 2019 zu erklären. Wenn Tua einschlägt, ist mehr drin, perspektivisch auf jeden Fall, vielleicht schon 2020.

New York Giants: Die Giants sind für mich ein Team mit absurd hoher Varianz. Der Draft war gut. Wenn bei Big Blue alles läuft – und Dallas und  Philadelphia erneut enttäuschen – spielen sie um die Playoffs mit. Wenn es nicht läuft, und das ist mit Daniel Jones als Quarterback genauso möglich, streiten sie mit Washington um die rote Laterne.

Tier 4 – untere Hälfte

Carolina Panthers: Kuechly ist weg, Coach Rivera ist weg, der Umbruch ist eingeleitet. Im Draft gingen sie All-Defense. Das ist nachvollziehbar, aber in dieser starken Division wird es hart. Bridgewater und CMC werden nicht reichen. 2021 zählt.  

New York Jets: Die Bewertung fiel mir schwer. Eigentlich gehören sie weiter nach oben. Letztes Jahr immerhin 7 Siege, in erster Linie dank guter Defense, haben sie im Draft die Offensive verstärkt. Becton bringt endlich etwas Schutz für Darnold und vor allem sollte er das Leben für Running Back LeVeon Bell leichter machen. Warum dennoch in diesem Tier? Nun, die anderen Teams haben ebenfalls ihre Hausaufgaben gemacht? Und man kann bezweifeln, dass Mims und Becton ausreichen, um die Offense auf ein neues Level zu heben (zumal nach dem Abgang von Robby Anderson).

Jacksonville Jaguars: Viel Vertrauen für Gardner Minshew. Viele Veränderungen in der einst legendären Defense. Ich bin skeptisch. Der Lichtblick: Entweder überrascht Minshew positiv, oder sie sind in der Verlosung für Lawrence und Fields.

Washington Redskins: Sie haben in der ersten Runde Chase Young gedraftet. Für eine Position (eine der wenigen), auf der sie gut besetzt waren. Chase Young ist eine Rakete. Aber reicht es, den Pass Rush von gut auf sehr gut zu bringen, wenn die Opportunitätskosten so hoch sind, dass sie sonst kaum Verstärkungen bekamen? Kein Pick in Runde 2 und ein Running Back in Runde 3 tun ihr übriges. Der Lichtblick: Entweder überrascht Haskins positiv, oder sie sind in der Verlosung für Lawrence und Fields.

Tabellarische Übersicht

Die AFC schätze ich aktuell in der Spitze nicht so stark ein. Hinter Baltimore und Kansas City klafft eine Lücke. Theoretisch gibt es aber einige Kandidaten, die in die Spitze vorrücken können.

AFC EastAFC NorthAFC SouthAFC West
New England
(Tier 2+)
Baltimore (1+)Houston (2+)Kansas City (1+)
Buffalo (2+)Pittsburgh (2+)Tennessee (3+)Denver (2-)
Miami (4+)Cleveland (2-)Indianapolis (3+)Las Vegas (3-)
N.Y. Jets (4-)Cincinnati (3-)Jacksonville (4-)L.A. Chargers (4+)
AFC: Tabellarische Übersicht nach Teamstärke

6 der 8 Top-Tier-Teams sind in der NFC zu Hause. Das verspricht ein spannendes Playoffrennen.

NFC EastNFC NorthNFC SouthNFC West
Dallas (1-)Minnesota (1-)New Orleans (1+)San Francisco (1+)
Philadelphia (1-)Green Bay (2-)Tampa Bay (1-)Arizona (2-)
N.Y. Giants (4+)Detroit (3-)Atlanta (3+)Seattle (3+)
Washington (4-)Chicago (4+)Carolina (4-)L.A. Rams (3-)
NFC: Tabellarische Übersicht nach Teamstärke

Wie immer gilt, insbesondere verglichen mit dem Fußballcontent, den es ansonsten auf diesem Blog gibt: Die NFL ist unfassbar ausgeglichen. Der Unterschied zwischen Tier 1 und 3 teilweise minimal, ein guter OC hier, ein unerwarteter Sprung in der Entwicklung eines Defensive Backs oder Receivers dort, schon steht ein Tier-3-Team im Super Bowl.

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